Azubi-Chancen für Flüchtlinge

Flüchtlinge und Nicht-EU-Ausländer gelten als Alternative für Unternehmen, die ihre Ausbildungsstellen nicht besetzen können. Das kann funktionieren.

Von Sven Schneider

Die schwarze Edeka-Uniform steht Karen Evelyn Santos de Mendonça gut. Die 24-jährige Brasilianerin aus Sao Paulo streicht noch einmal den Saum glatt und wartet auf das  Gespräch. Höflich, offen, aber gleichzeitig unaufdringlich. Zeit hat sie eigentlich keine: Es ist ihr erster Arbeitstag, sie muss ihren Posten hinter der Fleischtheke einnehmen. Die junge Frau schreibt gerade ihre Zukunft neu – als Auszubildende zur Fleischerei- und Wurstfachverkäuferin.

Azubi-Chancen für Flüchtlinge

Dass Mendonça keine Deutsche ist, stört ihren Chef Uwe Bienemann nicht im Geringsten. Der Inhaber von vier Edeka- Lebensmittelläden und zehn Backshops in Dinslaken hat mittlerweile Erfahrung darin, seine offenen Ausbildungsstellen mit Ausländern zu besetzen. Und dabei ist ihm ganz egal, ob es sich um Nicht-EU-Ausländer wie Mendonça handelt oder um Flüchtlinge. Bienemann setzt andere Maßstäbe. „Sie müssen sich bei uns einfach nur anpassen wollen und dürfen die Arbeit nicht scheuen.“

Karen Evelyn Santos de Mendonça

Karen Evelyn Santos de Mendonça

Arbeit mit Ausländern

Unabhängig von der Nationalität ist dem Unternehmer eher wichtig, dass die Person „in den Betrieb passt und bei uns Fuß fassen kann“. In welchem Bereich er die neuen Mitarbeiter einsetzt und welche Ausbildung er ihnen ermöglicht, hängt dabei immer auch ein Stück weit von der Qualifikation ab. Entweder sie machen zuvor ein mehrwöchiges Praktikum in einem der Backshops oder im Lebensmittelladen, wo sie mehrere Stationen durchlaufen und kennenlernen können.

Bei Mendonça war das der Fall: In ihrer Heimat studierte sie Kommunikationswissenschaften und arbeitete dann in Deutschland als Au Pair, um anschließend noch ein soziales Jahr zu absolvieren. Gute Voraussetzungen für den Umgang mit Kunden – Bienemann gab ihr einen Ausbildungsvertrag als Fleischereifachverkäuferin.

Integration von Flüchtlingen

Ein fachlich fundiertes Vorwissen hatte Adewami Sabomowo. Der 44-jährige Nigerianer kam vor acht Jahren nach Deutschland und erhielt in einem anderen Unternehmen eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, die er aber nach zwei Jahren als Verkäufer abschließen musste: Für das notwendige dritte Jahr wurde er nicht übernommen. Perfekt für Uwe Bienemann, der ihm einen Vertrag für das dritte Ausbildungsjahr gab und somit dem sehr gut integrierten Adewami bessere Chancen für eine weitere berufliche Zukunft in Deutschland ermöglichte. Das Alter des Nigerianers war ihm dabei egal. Im Gegenteil: „Ich finde das super, dass er noch einmal eine Ausbildung machen und etwas erreichen will. Natürlich müsse sein ältester Auszubildender noch an sich arbeiten, sein Deutsch sei ebenfalls noch ausbaufähig.

„Aber genau deswegen setze ich ihn hinter der Theke ein, damit das funktioniert und er sicherer in der Sprache wird.“ Deutschkenntnisse sind eher ein kleineres Problem für Bienemann, „daran können wir arbeiten“.

Probleme bei der Integration

Schwieriger falle es manchen ausländischen Azubis dagegen, die notwendige Arbeitsmentalität zu entwickeln. „Vor allem in den Backshops, aber auch an anderen Positionen ist enorm viel Betrieb, das sind die jungen Menschen oft nicht gewohnt“, berichtet Bienemann aus seiner Erfahrung. Oder der Umgang mit Frauen: Ein 33-jähriger Nigerianer beispielsweise, den er im März noch als Bäcker-Azubi eingestellt hatte, kam mit weiblichen Vorgesetzten nicht zurecht. „Er ließ sich nichts sagen, obwohl sie ihm ja nur helfen wollten.“ Letzten Endes musste der Unternehmer die Reißleine ziehen und das Ausbildungsverhältnis beenden.

Ausbildung für Flüchtlinge

Eine Erfahrung, die Uwe Bienemann aber nicht davon abhält, weiterhin nach geeigneten ausländischen Bewerbern die Augen offen zu halten. Er schätzt die Arbeit mit Flüchtlingen. Zwar empfiehlt ihm die Agentur für Arbeit regelmäßig, eher auf einheimische Azubis zu setzen. Da ihn aber in den letzten Jahren kaum geeignete Bewerbungen von deutschen Kandidaten erreichten, stehen seine Türen für weitere ausländische Mitarbeiter weit offen. Bislang beschäftigt er in seinen Geschäften Mitarbeiter aus der Türkei, Polen, Nigeria, dem Irak, Brasilien und Indien.

Safi Shafiallah

Safi Shafiallah

Auch der junge Afghane Safi Shafiallah (17) ist darunter, der derzeit seine Ausbildung als Fleischer beginnt und Uwe Bienemann gehörig Respekt abnötigt. Mit 14 machte er sich aus seinem Heimatdorf Kuna alleine und zu Fuß auf den Weg nach Deutschland, stellte Antrag auf Asyl und besitzt mittlerweile eine Duldung. „Was die Menschen auf sich nehmen, um hier ein besseres Leben zu finden“, staunt Bienemann, „das ist der Wahnsinn“. Er ist gerne bereit, Safi und allen anderen dabei zu helfen. Sich selbst natürlich auch, denn „der Laden muss ja laufen.“ Dafür braucht er Personal – egal, wo die Mitarbeiter herkommen.

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